Vorbemerkung: Es ist schon seltsam. Wenn ich genau darüber nachdenke, haben wir in meiner Shadowrungruppe eigentlich noch nie irgendwelche meiner Hausregeln verwendet (nicht daß dies allzu viele wären), zumindest nicht richtig. Es mag schon mal vorkommen, daß ich einem Spieler erlaube, eine Art "Allgemeinwissensprobe" abzulegen (siehe Beinarbeit), damit er überprüfen kann, ob er etwas über ein bestimmtes Thema weiß, aber so richtig von vorne bis hinten haben wir meine Regeln noch nie angewendet (was wahrscheinlich auch daran liegt, daß wir viel zu selten zum Spielen kommen). Als ich dies bemerkte, habe ich mir meine Regeln nochmal genau angeschaut und habe dann festgestellt, daß sie weitestgehend überflüssig waren, obwohl ihr Grundprinzip doch nie vollkommen schlecht war. Ich denke, daß meine Regeln zumindest andere Regelmacher inspirieren können, eigene Regeln zu machen - und das ist genau der Grund, warum ich sie auf meiner Webseite veröffentliche. Ich erwarte von niemanden, daß er auch nur in Betracht zieht, eine meiner Regeln zu verwenden, aber es würde mich sehr freuen, wenn irgendjemand meine Regeln liest und sich denkt "Hey, da ist was dran!". Das ist wahrscheinlich ein sehr hoch gestecktes Ziel (vor allem, wenn ich mir meine paar Regeln so anschaue), aber immer noch besser als daß ich meine Regeln im Klo runterspüle. Also, wenn irgendjemand, der meine Regeln liest, eine Idee daraus aufgreift und weiterentwickelt, so würde ich mich freuen, wenn er mir sein Ergebnis zuschicken würde. So, jetzt aber genug der langen Vorrede und auf zu meinen Regeln für die Initiativebestimmung, die dem Leser vielleicht wenigstens etwas bringen können (nämlich das Totschlagen einiger Minuten seines Lebens). Neue InitiativeregelnDie Shadowrunregeln sind scheiße! So, daß mußte einfach mal zu Papier gebracht werden. Eine der unlogischsten Regeln ist die Regel zur Bestimmung der Initiative oder allgemein der Ablauf einer Kampfrunde. Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel: Worm, ein Decker mit einer Initiative von 7+3W6 beginnt einen Kampf mit dem Waschmaschinenvertreter Herrn Hirnbaatz, weil ihn dieser 'eine blau gestreifte Gurke' genannt hat. Worm und Herr Hirnbaatz würfeln ihre Initiative aus. Worm hat eine Initiative von 25, Herr Hirnbaatz eine Initiative von 13. Worm kommt auf Grund seiner vercyberten Reflexe also zweimal vor Herrn Hirnbaatz dran. So weit so gut. Doch dann, ab Kampfphase 13, kommen Worm und Herr Hirnbaatz immer abwechselnd an die Reihe. In der nächsten Kampfrunde wird die Initiative wieder neu bestimmt, so daß sich wiederum die Handlungsreihenfolge Worm, Worm, Hirnbaatz, Worm, Hirnbaatz ergibt. Schon den logischen Fehler bemerkt? Darum habe ich mir Regeln erdacht, die vielleicht ein wenig realistischer sind. In der ersten Kampfrunde wird die Initiative von jedem Beteiligten ganz normal bestimmt. Allerdings ist die nächste Handlung der Beteiligten nach ihrer letzten Handlung nicht mehr erst in 10 Kampfphasen, sondern je nach Reaktion und Initiative eventuell bereits vorher. Für jeden Reaktionspunkt über 5 und für jeden Initiativewürfel zusätzlich zu dem einen Standardinitiativewürfel verkürzt sich die Kampfphasenwartezeit um einen Punkt (bis zu einem Minimum von 5 Kampfphasen Wartezeit [Thanx, Roli ;-]. Es soll ja auch Spielrunden geben, in denen Initiativen von 35 + 6W6 nicht unüblich sind - für solche Gruppen empfehle ich, falls sie meine Regeln anwenden wollen, daß den megaschnellen Charakteren noch andere Boni zugestanden werden, z.B. zusätzliche Handlungen in einer Kampfphase oder eine Erhöhung des MW, wenn auf den Charakter geschossen wird, da dieser mit Lichtgeschwindigkeit herumzappelt. Vielleicht wäre es aber auch angemessen solche hyperaktiven Charaktere mal mit einer Bombe zu konfrontieren, die mit Bewegungssensoren ausgelöst wird.). Das heißt also, daß Worm aus dem obigen Beispiel (Initiative: 7 + 3W6) alle 6 Kampfphasen an die Reihe käme. Der Spieler oder Spielleiter notiert sich also die Initiative aller seiner Charaktere und die Anzahl Kampfphasen, die sie bis zu ihrer nächsten Handlung aussetzen. Der Charakter mit dem höchsten Initiativewert beginnt. Nachdem der Charakter seine Handlungen ausgeführt hat, zieht der Spieler oder Spielleiter die Anzahl Kampfphasen, die der Charakter warten muß, von der aktuellen Kampfphase ab, um die nächste Kampfphase zu erhalten, in der der Charakter handeln kann. Nun ist der Charakter dran, der laut Kampfphasenreihenfolge in der Kampfphase mit dem höchsten Wert dran ist. Dies geht nun immer so weiter. Soweit nichts Neues (außer vielleicht, daß es etwas komplizierter ausgedrückt ist), nun zu dem was sich ändert. Anstatt bei Kampfphase 0 aufzuhören und mit einer neuen Kampfrunde zu beginnen, wird nun einfach weiter gezählt, so daß die Kampfphasen jetzt auch in den negativen Bereich hereinreichen (theoretisch bis - unendlich). Kommen wir auf obiges Beispiel zurück. Worm hat eine Initiative von 25 und eine Kampfphasenwartezeit von 6, Herr Hirnbaatz hat eine Initiative von 13 und eine KWZ von 8. Die Reihenfolge würde hier also wie folgt aussehen: Worm in Kampfphase 25, Worm in Kampfphase 19, Worm in Kampfphase 13 (weil seine Reaktion höher als die von Herrn Hirnbaatz ist), Herr Hirnbaatz in Kampfphase 13, Worm in Kampfphase 7, Hirnbaatz in Kampfphase 5, Worm in Kampfphase 1, Hirnbaatz in Kampfphase -3, Worm in Kampfphase -5, Worm in Kampfphase -11, Hirnbaatz in Kampfphase -11, Worm in Kampfphase -17, Hirnbaatz in Kampfphase -19, ... Die Auswirkungen der neuen Regeln sind an diesem Beispiel nicht so drastisch erkenntlich, aber schließlich liegen Worms und Hirnbaatz' KWZs auch nur 2 Punkte auseinander. Noch deutlicher werden die Auswirkungen der neuen Regeln, wenn mehrere Charaktere an einem Kampf teilnehmen, jeder mit seiner individuellen KWZ. Im Endeffekt haben die Regeln aber verschiedene Effekte. Zum einen werden Leute mit Reflexverstärkern noch gefährlicher, da sie nun, vor allem zu Beginn der (einzigen) Kampfrunde noch mehr Handlungen bekommen. Dies ist allerdings nur realistisch, da diese Leute mit ihren Reflexverstärkern eben wesentlich schneller 'in Fahrt kommen' als normale Personen, die erst 'warmlaufen' müssen. Später kommen die Charaktere mit Reflexverstärkern, dann öfter dran als 'normale' Charaktere, was wiederum nur allzu realistisch ist. Durch diese Regeln wird, nicht wie bei den alten Regeln nur bedacht, wie schnell man reagieren kann, sondern auch wie schnell man agieren kann (goile Aussage, oder?). Überdies verstärkt diese Regel die Individualität der einzelnen Teilnehmer in einem Kampf, da jetzt nicht mehr nur der Straßensam in jeder Kampfrunde zuerst drankommt (dann aber immer abwechselnd), sondern jetzt auch schneller ist als der freundliche Squatter von nebenan. Die Regeln machen es auch schwerer für die Spielercharaktere genau zu bestimmen, wann ein NPC drankommt. Es gibt also keine Berechnungen mehr a la "Ich komm' bestimmt noch vor dem Yakuzamann dran, also kann ich es ja wagen...". Wenn der Spielleiter diese Unberechenbarkeit noch verstärken will, kann er ja eine Regel einführen, daß am Ende der Kampfphase, in der ein (N)PC an der Reihe war, dieser würfeln muß. Wenn er eine 6 würfelt, kommt verkürzt sich seine KWZ um einen Punkt (allerdings nur temporär bis zur nächsten Kampfphase), bei einer 1 wird sie um einen Punkt erhöht. Ach ja, wenn man aus irgendeinem Grund die Anzahl, der vergangenen Kampfrunden wissen will (zum Beispiel um die vergangene Zeit zu bestimmen), so kann man einfach die durchschnittliche Initiative des schnellsten Kampfteilnehmers hernehmen, die dann die Anzahl Kampfphasen darstellt, die eine Kampfrunde (3-5 sec) dauern würde. Die neuen Regeln und Schadensmodifikatoren: Da mit den neuen Regeln zwangsläufig die Abzüge von der Initiative als Folge von Schaden wegfallen, müssen neue Regeln her (Jippieh!). Statt dem entsprechenden Initiativemalus, wird einfach dieselbe Anzahl Punkte zu der KWZ des Verwundeten hinzuaddiert. Ja, das bedeutet, daß jemand mit einer entsprechend schweren Wunde auch eine KWZ von über 10 haben kann, wenn er keine Modifizierungen hat, die diese Modifikatoren wegkompensieren (Zeit sich endlich diesen Pain Editor zuzulegen, Chummer!). Ein Vorteil bei diesen Regeln ist, daß jetzt selbst Charaktere mit Initiative 4 mit mittlerem geistigen und körperlichen Schaden noch zum Zuge kommen, wenn auch langsam (Okay, schwaches Argument, ich geb's zu). Alles in allem werden diese Regeln (hoffentlich) den Kampf etwas interessanter und vor allem noch gemeiner machen. Der werte Leser sollte aber bei allen Regeln daran denken, daß diese Regeln nicht nur Spielercharaktere betreffen, sondern auch die NPCs. Jeder Vorteil für einen PC, ist gleichzeitig auch sein Nachtteil, da der NPC dieselben Vorteile aus den Regeln zieht - und umgekehrt. PS: In Gruppen, in denen hohe Reaktionen üblich sind oder die ihre
vercyberten Charaktere nicht zu schnell werden lassen wollen, empfiehlt
sich eine kleine Änderung der Regeln. Besonders einfach kann man dabei
die Regel modifizieren, die besagt, daß die KWZ für jeden Reaktionspunkt
über 5 vermindert wird. Von Markus Meisen stammt zum Beispiel der
Vorschlag, die KWZ erst bei jedem dritten Reaktionspunkt über 3 zu
vermindern (also bei 6,9,12,...). Man sollte da sicherlich etwas rumexperimentieren.
© 1999 by Daniel "Worm" Benkmann
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