Worm's Homepage / Anime

X - The Movie

Cover der amerikanischen DVD von X - The Movie

jap. Originaltitel:

X

Erscheinungsjahr:

1996

Genre:

Action

Drehbuch:

Mami Watanabe, Nanase Oukawa, Rintaro

Regie:

Rintaro

Character Design:

Nobuteru Yuuki nach Vorlagen von CLAMP

Laufzeit:

100 Minuten

Review-Version:

Australische DVD von Madman Entertainment



Die Handlung

Screenshot
Screenshot
Screenshot
Screenshot
Screenshot
Screenshot
Screenshot

"Geh nach Tokyo. Dein Schicksal erwartet dich."
So lauten die letzten Worte von Kamuis Mutter und da Kamui ein braver Junge ist, macht er sich natürlich sofort auf den Weg zurück in seine alte Heimatstadt. Okay, wenn meine Mutter sich plötzlich dank spontaner Selbstentzündung ihrer Kleidung entledigen, ein gigantisches Schwert aus ihrem Bauch ziehen, es mir anschließend zwecks Verschmelzung mit meinem Körper hereinrammen und schließlich ohne weitere Erklärung in Tausend blutige Stücke explodieren würde, käme ich wahrscheinlich auch nicht auf die Idee ihr zu widersprechen. So kommt Kamui also immer noch aufgerüttelt vom jähen Ableben seiner Mutter in Tokyo an, wo er feststellen muss, dass er nicht der Einzige ist, der durch die Gegend fliegen kann und coole Klamotten trägt. Vielmehr hat sich dort bereits ein großer Haufen an seltsamen Gestalten eingefunden, die Kamuis Ankunft irgendwie zu spüren scheinen und prompt damit beginnen sich gegenseitig das Licht auszuknipsen, wobei sie gleich noch ein paar Hochhäuser mit ins Verderben reißen.

Kamui scheint das aber zunächst noch ziemlich egal zu sein und erst als seine alten Jugendfreunde Fûma und Kotori Monô von eine paar elektrischen Leitungen angegriffen werden (kein Scherz!), greift er in das Geschehen ein. Doch kaum hat Kamui die schrecklichen Stromleitungen besiegt, da erscheint ihm auch schon in einer Vision die blinde Seherin Hinoto. Sie offenbart ihm, dass er eine Art Messias ist, der über das weitere Schicksal der Erde entscheiden wird, und zeigt ihm eine schreckliche Zukunftsvision eines zerstörten Tokyo. Wie es den Anschein hat, gibt es zwei konkurrierende Parteien, die beide die Zukunft nach ihren Wünschen formen wollen. Die sieben "Drachen der Erde" wollen laut Hinoto zuerst Tokyo und dann die gesamte Erde vernichten, was nur die sieben "Drachen des Himmels" mit Kamuis Hilfe verhindern können. Doch Kamui hat an dieser ganzen Weltrettungs-Nummer wenig Interesse und gibt Hinoto gnadenlos einen Korb. Das einzige, was ihm wichtig ist, ist die Sicherheit seiner Freunde Kotori und Fûma. (Dass diese auch nicht gerade in Sicherheit sind, wenn die Erde zerstört wird, scheint Kamui nicht so ganz zu überreißen. Naja, wer sagt denn, dass der Messias unbedingt auch was in der Birne haben muss?)

Es dauert nicht lange und Kamui wird von einigen der Drachen der Erde angegriffen. Trotz ihrer beeindruckenden Superkräfte gelingt es ihm sie zu vertreiben, wobei er erhebliche Hilfe von einigen herbeigeeilten Drachen des Himmels bekommt. Jedoch nutzt Hinotos böse Schwester Kanoe die Gelegenheit dazu, Kotori und Fûma zu entführen. Während Kotori im Koma liegt, bekehrt sie Fûma zur Dunklen Seite der Macht und überzeugt ihn davon, dass die Drachen der Erde doch gar nicht so schlecht sind. Schließlich wollen sie nur die blöden Menschen ausrotten, die ohnehin nichts anderes tun als die Umwelt zu vernichten. Nur wenn die Menschheit nicht mehr existiert, kann sich die Erde endlich wieder vom Missbrauch der Menschen erholen. Aber so oder so bleibt Fûma gar keine andere Wahl als sich den Drachen der Erde anzuschließen, denn er ist Kamuis Zwillingsstern und wenn sich Kamui für die Seite der Himmelsdrachen entscheidet, so muss Fûma automatisch auf Seiten der Erddrachen kämpfen. Wie wird sich Kamui also entscheiden?

Meine Meinung

Ein düsteres Gebäude irgendwo in einer verlassenen Vorgegend von Tokyo. Über dem Haupttor schwingt quietschend ein rostiges altes Schild langsam im Wind hin und her. Auf ihm stehen in blutroten Lettern die Worte "Mad House" geschrieben. Eine bucklige, untersetzte Gestalt in dreckigen, abgegammelten Klamotten humpelt langsam durch die mit Fackeln erleuchteten Gänge des Gebäudes. Vorbei an etlichen Türen, hinter denen Dutzende von seelenlosen Zombies, an ihre Stühle gekettet, mit versteinerter Mine pausenlos wie wild Zeichnungen auf Papier kritzeln. Sabber rinnt der untersetzten Gestalt aus dem Mund als sie endlich eine große Holztür am Ende des Ganges erreicht hat. Mit einem markerschütternden Knarzen öffnet sie die Tür und betritt einen in rötliches Licht getauchten Raum. Überall stehen seltsame Maschinen und Computer herum, so dass die Gestalt Mühe dabei hat nicht über eines der vielen Kabel und Leitungen zu stolpern, die kreuz und quer durch den Raum führen. Auf einem großen Tisch brodeln verschiedenstfarbige Flüssigkeiten in seltsam verformten Reagenzgläsern vor sich hin und erfüllen die Luft mit einem ätzenden Geruch. Die Gestalt bewegt sich auf die Mitte des Raumes zu, wo 5 Personen an den Ecken eines auf den Boden gemalten, verschnörkelten Pentagramms stehen. 4 Frauen und ein Mann, dessen weit aufgerissene Augen auf die Mitte des fünfzackigen Sternes starren. Dort, auf einem kleinen Operationstisch liegt seine neueste Schöpfung. Ein wahnsinniges Grinsen erfüllt sein Gesicht als er auf die vor ihm liegende Filmrolle blickt, die an mehrere obskure Kabel angeschlossen ist. Ja, sein Werk war fast vollendet. Nur noch eine kleine, unbedeutende Komponente fehlte ihm, damit er sein Meisterwerk vollenden konnte.
"Ah, Igor! Hast du mir die letzte Komponente gebracht?", fragt er begierig die buckelige Gestalt, die zu ihm getreten ist.
"Ja, Meister Rintaro. Hier ist es." Geradezu ehrfürchtig spricht der Buckelige die letzten Worte aus: "Das Drehbuch."
Voller Vorfreude entreißt Rintaro seinem Knecht das Objekt, dass dieser ihm hinhält. Doch sein Blick verfinstert sich. "Igor, du Schwachkopf! Das ist doch kein Drehbuch! Das ist eine Rolle Klopapier!!"
Eine Bestrafung befürchtend weicht Igor ängstlich einige Schritte zurück, und kauert sich unter einem Labortisch zusammen. Doch Rintaro beachtet ihn gar nicht weiter. "Egal. Wir haben keine Zeit mehr. Es muss auch so funktionieren." Mit zitternden Händen schließt er die Rolle Klopapier an eine große Maschine an. Die 4 Frauen an den anderen Ecken des Pentragramms stimmen in einen leisen monotonen Singsang ein, der sich anhört wie "Clampclampclampclampclamp...". Eine Schweißperle bildet sich auf Rintaros Stirn als sich seine Hand um einen großen Schalter legt und er ihn schließlich mit einem kurzen Ruck herumreißt. Blitze zucken durch den Raum, durch die Maschinen, durch die Kabel und schließlich mitten in die Filmrolle hinein. Das Licht flackert, Funken sprühen als ein nahestehender Computer explodiert. Rintaro entfährt ein wahnsinniges Gelächter. "Es lebt! ES LEBT!!!", brüllt er in Ekstase, während die 4 Frauen erschrocken die Hände vors Gesicht schlagen und flüstern: "Mein Gott! Wir haben ein Monster erschaffen!"
Im Hintergrund spielt leise Musik der japanischen Popgruppe "X Japan"...

So oder so ähnlich muss wohl die Kreation von "X - The Movie" abgelaufen sein. Zumindest ist dies das Bild, das sich in meinem armen Gehirn, dem ich als verantwortungsvoller Rezensent gleich zweimal den "X"-Kinofilm zugemutet habe, festgesetzt hat. Das traurige daran ist aber gar nicht mal, dass mich der Film geistig so mitgenommen hat, dass ich solche Geschichten schreibe, sondern vielmehr, dass obige Geschichte wahrscheinlich wesentlich unterhaltsamer ist als der gesamte "X"-Movie. Denn "X - The Movie" ist so eine Art pervertiertes Gegenstück zu Viktor Frankensteins Monster. Äußerlich unglaublich schön, aber wenn man hinter die Fassade blickt, so ist Rintaros Monster absolut hohl und charakterlich vollkommen uninteressant.

Der Kinofilm zu CLAMPs enorm erfolgreicher Mangareihe "X" ist ein auf tragische Weise missglücktes Experiment. Dabei hätte man das Unglück eigentlich vermeiden können, denn der gewagte Versuch eine ca. 20-bändige Mangareihe, die zum Zeitpunkt der Filmproduktion gerade mal bei Band 3 angekommen war (in der Tat waren im Manga noch nicht mal alle Hauptpersonen eingeführt, weswegen man für den Film prompt eine völlig neue hinzuerfand) und erst in etwa 6 Jahren beendet sein sollte, in einen 100-minütigen Film zu quetschen, war wohl bereits von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Man muss es Rintaro und seinem talentierten Team von MAD HOUSE vielleicht sogar hoch anrechnen, dass sie den Film wenigstens in einer Hinsicht noch etwas retten konnten: Der Präsentation.

Zeichnungen, Bildgestaltung, Animation - in all diesen Bereichen kann "X - The Movie" vollkommen überzeugen. An einigen Stellen ist der Film ein wahrer Bilderrausch, der einen mit staunendem Blick andachtsvoll vor dem Bildschirm (oder am besten der Leinwand) verharren lässt. Es kommt einem förmlich so vor als wollten die Animatoren von MAD HOUSE ("Metropolis", "Vampire Hunter D: Bloodlust") immer wieder laut in die Welt hinausrufen: "Ja, wir sind die besten! Disney, zieh dich warm an!" Schade nur, dass man wegen der Konzentration auf schöne Bilder oftmals vergessen hat, diese in einem angemessen dramatischen Kontext zu präsentieren. So bestehen Action-Szenen zum größten Teil daraus, dass einem in wunderschön gezeichneten Bildern gezeigt wird wie sich diverse Bauwerke in Schutt und Asche verwandeln. So etwas wie Spannung oder Dramatik kommt bei diesen Szenen aber nur höchst selten auf. Ebenso enttäuschend ist der schale Soundtrack, der, einfallslos und nichtssagend wie er ist, zum einen Ohr rein geht und direkt aus dem anderen Ohr wieder raus. Einzig der Ending-Song von "X Japan" bleibt auch nach dem Film noch im Gedächtnis, je nach Geschmack entweder positiv oder negativ. Von Rintaro, der nach eigenen Aussagen sehr viel wert auf die musikalische Untermalung seiner Filme legt und auch selber Musiker ist, habe ich ehrlich gesagt mehr erwartet, obwohl ich ja schon in "Metropolis" den Einsatz der Musik teils etwas seltsam fand.

Aber egal wie gelungen ein Großteil der Präsentation auch sein mag, für mich persönlich zählen am Ende hauptsächlich immer zwei Dinge: Die Handlung und die Charaktere. In beiden Bereichen gehört "X - The Movie" zu den schlechtesten Animes, die ich bisher gesehen habe. Die Handlung besteht im Endeffekt nur daraus, dass sich 14 Menschen mit übernatürlichen Kräften gegenseitig den Garaus machen. Dass wäre ja vielleicht noch akzeptabel, wenn man sich als Zuschauer wenigstens für die verschiedenen Charaktere interessieren würde, aber leider bleiben diese so blass wie Michael Jackson im Sonnenstudio. Selbst in so manchen reinen Fighting-Animes wie "Streetfighter" sind die Charaktere interessanter als hier. Ich erinnere mich wie ich in meinem Review zur "X"-TV-Serie moniert habe, dass dem komplexen Hintergrund von Subaru Sumeragi in der Serie bei weitem nicht genügend Platz eingeräumt wurde. Nun, im Film hat Subaru gerade mal 3 Minuten Screentime, wird gleich am Anfang verheizt und sein Name überhaupt nur in einem Nebensatz mal erwähnt. Für mich war CLAMPs "X" immer eine Geschichte, die sich vornehmlich um die Charaktere gedreht hat. Der ganze Schmonz von wegen Weltuntergang und Himmelsdrachen vs. Erddrachen ist doch eigentlich nur ein Vorwand um sich mit den Charakteren, ihren persönlichen Geschichten und den Beziehungen, die sie untereinander haben, zu beschäftigen. Aus diesem Grund hat mir auch die "X"-TV-Serie so gut gefallen, da sie jedem Charakter ausreichend Zeit gibt sich zu entfalten. Der "X"-Film hat sich hingegen die (aus meiner Sicht) langweiligsten Elemente der "X"-Story herausgepickt, nämlich die Handlung und die Kämpfe (die wie oben bereits erwähnt auch nicht sonderlich spannend inszeniert wurden). Nachdem mittlerweile mit der "X"-TV-Serie eine wesentlich angemessenere und bessere Anime-Umsetzung der "X"-Mangas existiert, hat der "X"-Kinofilm in meinen Augen jegliche Existenzberechtigung verloren. Selbst Leute, die nur mal kurz ins "X"-Universum hereinschnuppern wollen, sind wahrscheinlich mit der "X"-OVA noch besser bedient als mit dem Film.

Fazit: Einzig und allein die schönen Bilder bewahren "X - The Movie" davor, dass ich ihn in dieselbe Mülltonne schmeiße wie "M.D. Geist" und Konsorten. So hat es halt nur zur Biotonne gereicht, die gleich daneben steht.
Oder um noch eine weitere Metapher zu bemühen: "X - The Movie" ist ein Haufen getrocknetes Exkrement, aus dem ein Bildhauer vom Schlage eines Michelangelo eine wunderschöne Statue gemeißelt hat. Wem es nur darauf ankommt, dass die Oberfläche schön aussieht, den mag der "X"-Movie vielleicht sogar gefallen. Wer allerdings auch gerne mal etwas näher an die Substanz heranschnuppert, den wird der Gestank sicherlich schnell vertreiben.


Yellow Ball

Im Forum über diese Kritik diskutieren



© 2002 by Daniel "Worm" Benkmann
Adresse dieser Seite: http://anime.daniworm.de/rev-xmovie.htm