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Was ist Rollenspiel?
(von Holger "Twopaccer" Krüger, webmaster@rollenspiel-online.de)

Nein nein, keine Angst, ich werde jetzt nicht versuchen auf diese Frage eine Antwort zu finden. Ich glaube jeder mehr oder weniger phantasievolle Rollenspieler hat versucht das zu tun. Hier will ich untersuchen, wie sich ein Rollenspieler darüber mit einem Nicht-Rollenspieler auseinandersetzt.

Der erste Fehler, den ein Rollenspieler (viel zu langes Wort - jetzt nur noch RSler) in seiner langen Karriere eines Unverstandenen macht, ist, daß er einem anderen erzählt, was er so für Hobbies hat.
"Ja mir gefällt Fußball gut (Mönchengladbach), ich bin im Tennisverein, spiele Schach UND mache Rollenspiel."
Das hübsche Mädchen in der viel zu lauten Disko schaut auf. Ja genau, das Mädchen, das du gerade mit viel Mut - und vier Bier - angesprochen hast.
Was sagt sie also?
"Was ist Rollenspiel?"
Und man fängt so zu erklären an.
"Also zuerst braucht man viel Phantasie dazu ..."
Die hat der hübsche Blondschopf natürlich (obwohl ich mehr auf den dunklen Typ stehe - aber es ist ja nicht meine Geschichte) - genauso wie jedes andere Mädchen oder jeder andere Kerl, dem man diese Einleitung erzählt.
"...und dann setzt man sich mit drei anderen Jungs an einen Tisch, einer ist der Meister, der die Monster schickt und die anderen schlachten die dann fachmännisch ab. Du kannst da einen Kämpfer machen, der viele Waffen hat, oder einen Magier, der Feuerbälle werfen kann..."

Natürlich gibt es Leute, die das supertoll erklären können - das ist aber in der Regel genauso egal, wie der stinkende Mundgeruch eines angreifenden hungrigen Orks mit Streitaxt. Denn das Ergebnis ist immer dasselbe:
Holde Traumfrau: "Oh, das ist ja sehr interessant. Ups, es ist ja schon so spät. Ich muß schnell weg."
Oder wahlweise:
"Hab ich dir eigentlich schon erzählt, daß ich einen Freund hab."
Deshalb merke:
Erzähle niemals einem Außenseiter, daß Du Rollenspiel machst!

So, nun sind wir schlauer, reifer und erfahrener.

Du hängst auf einem Dorffest rum, bei dem sich nur die Besoffenen amüsieren. Und die, die Besoffene verarschen. Du bist da also mit deiner Rollenspielgruppe beim monatlichen "No Ma'am"-Besäufnis und amüsierst dich gut (warum? - siehe oben!).
Irgendwann wird die Zunge locker und man erzählt von ganz besonderen Rollenspielereignissen.
"Un dann - hihihi, dann hat der Ulrich mit seinem Dolch ne 20 gewürfelt und den Magier - ja, das war bei der Rendell Mourn Sage - hat ihn mit einem Schlag umgehauen ..."
Und schon kommt ein Bekannter vorbei, den man vom Wegschauen kennt. Also einer den man "leider" nicht gesehen hat, der aber noch leiderer dich gesehen hat.
Tja was denkt ihr, was passiert?
"Um was geht es denn? Was ist denn so lustig?"
Betretenes Schweigen herrscht in der Veteranen-Rollenspielgruppe. Solche Situationen sind bekannt - man hat sie schon oft durchgestanden. Aber ist schon mal jemanden aufgefallen, daß dann immer entweder der Betrunkenste oder der Dümmste reden muß?
"Ach, wir haben von einem ...Spiel geredet"
"Oh, welches denn?"
"Ähhhh.. ey di änd di"
"Kenn ich nicht. Um was geht es da?"
"Das ist halt das meistverkaufteste Rollenspie ... aua!"
Aber zu spät:
"Was ist Rollenspiel?"
Ruck zuck hat der Bekannte seinen Spaß und amüsiert sich - siehe zweite oben genannte Gruppe.

Ich bin aber nicht verbittert über Leute, die so reagieren. Einem Rechtsaußen zu erklären, was Rollenspiel ist, ist in etwa genauso schwer wie Darth Vader mit einem schweizer Taschenmesser die Kniescheibe zu amputieren. Es ist ein verbreiteter Menschenschlag, der sich für Aristoteles' direkte Nachkommenschaft hält und bei meinem Namen den alten - "Holger Krüger - so wie Mike Krüger? Hahaha" - strapaziert und wirklich meint, er wäre der erste gewesen, der da drauf gekommen ist.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Die gibt es ungefähr genauso oft wie Leute, die in der Khomwüste zu viel Wasser geschluckt haben und an geplatztem Magen gestorben sind. Es sind Menschen, die nicht "Was ist Rollenspiel?" fragen. Die stehen da und hören einfach zu - stellen ein paar Zwischenfragen und halten ansonsten den Mund. Vielleicht hat man so den Dieb der Gruppe gefunden, den sonst keiner spielen will.

So höret meine Worte, liebe Brüder und Schwestern (sofern es irgendwo Schwestern gibt):
Tragt die Botschaft in ferne Länder und bekehrt die Menschen! Verzaget nicht! Irgendwo da draußen ist jemand, dem etwas ganz Wichtiges im Leben fehlt. Und werdet ihr auch verspottet und bespuckt - haltet an der wahren Botschaft fest.

Und glaubt nicht alles, was ihr in der Bild-Zeitung lest, was das Fernsehen erzählt (besonders RTL) oder irgendein Dahergelaufener im Internet veröffentlicht.


© 2000 by Holger "Twopaccer" Krüger

 

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