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Was ist Rollenspiel?
(von Daniel Benkmann, worm@daniworm.de)

Ich habe lange überlegt, über was der Text gehen soll, mit dem ich diese Rubrik eröffne, und bin dann schließlich zu dem Schluß gekommen, daß ich ganz am Anfang beginnen sollte. Keine Panik, euch erwartet jetzt keine Abhandlung über den Urknall oder gar Adam und Eva, denn Gott (welcher auch immer) hat bekannterweise nicht nur den Mensch, Tiere und Spezi® erschaffen, sondern auch das Rollenspiel.

Was viele nicht wissen ist, daß das Rollenspiel auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Schließlich spielten schon die alten Römer Rollenspiele, allerdings nahmen sie statt Würfel, Stift und Papier lieber Gladiatoren und wilde Tiere zur Hand, die die Ergebnisse von Auseinandersetzungen veranschaulichten (Ein bekannter römischer Rollenspieler war übrigens Gaius Julius Caesar, der mit seinem Ausspruch "Alea iacta est" (Der Würfel ist gefallen) Millionen von Rollenspielern inspirierte). Auch die alten Ägypter kannten das Rollenspiel, ja sie verehrten es sogar. Davon zeugen noch heute die gigantischen W4s, die sie erbauten, um auch ihren Göttern das Rollenspiel zu ermöglichen. Man sollte aber auch nicht die alten Griechen vergessen, die mit ihrem Labyrinth des Minotaurus auf Kreta das erste Dungeon erschufen (inklusive fiesem Monster).

Aber kommen wir zurück zum Hier und Jetzt, in dem es bei weitem nicht so rosig um das Rollenspiel bestellt ist. Wer kennt heutzutage noch das Rollenspiel? Niemand, bis auf eine kleine eingeschworene Gemeinde von Individuen, die allesamt nicht mehr voll geistig zurechnungsfähig sind. Fragt man heute jemanden auf der Straße danach, was ein Rollenspiel ist, so erhält man nur entgeisterte Blicke als Antwort, da die Frage als sexuelle Anspielung aufgefaßt wird. Auch werde ich des öfteren gefragt, was denn dieses seltsame DSA oder Shadowrun sei, zu dem ich mich immer mit meinen Freunden treffe, und oftmals werde ich beim Erwähnen dieser beiden Namen auch darauf hingewiesen, daß Drogen für meine Gesundheit schädlich sind. Früher habe ich dann versucht zu erklären, was Rollenspiel überhaupt ist, aber heute habe ich es aufgegeben. Ich bin sicher viele Rollenspieler wissen wovon ich rede. Obwohl man schon jahrelang rollenspielt, fällt es einem immer noch schwer einem Laien zu erklären, was es damit auf sich hat. Im folgenden sind zwei Versuche eines anonymen Rollenspielers protokolliert, einem Laien zu erklären, was ein Rollenspiel ist. Möge der Leser daraus eine Lehre ziehen.

Versuch 1:

Laie: Hey, Anonymer Rollenspieler, sag mal, was ist das eigentlich, dieses "Rollenspiel"?

Anonymer Rollenspieler: Tja, weißt du, ähm, das ist eigentlich ganz einfach. Also, stell dir mal vor, du sitzt in einer Kneipe, ja? Und du hast ein Paar Kumpels, also natürlich nicht in echt, verstehst du, die werden nur gespielt. Das sind die Charaktere und die haben auch Eigenschaften und so, aber dazu später, naja, jedenfalls sitzt du mit deinen Kumpels in der Kneipe, also nicht in echt, klar, und dann ist da noch so ein Typ, der Spielleiter, der sagt dir was abgeht und was alle anderen machen außer dir und deinen Kumpels, achso, du hast übrigens auch 'nen Charakter, den mußt du am Anfang natürlich erst einmal kreieren und so, damit du die Eigenschaften hast, verstehst du? Naja, und der Meister sagt dann was passiert, also Meister ist der Spielleiter, klar, wir nennen den bei DSA so, heißt ja auch im Englischen Gamemaster, verstehst du, und naja, dann kommt zum Beispiel ein Kerl in die Kneipe, also wieder nicht echt, ich meine die Kneipe gibt es ja gar nicht, also es muß ja auch keine Kneipe sein, das ist ja jetzt nur ein Beispiel, verstehst du, und der Meister sagt jetzt also zu uns, daß wir in 'ner Kneipe sitzen, und daß die Tische aus Holz sind und die Gläser dreckig und so, weil der Meister sagt halt, wie die Umwelt aussieht, verstehst du? Naja, und der Kerl der gerade reingekommen ist, also weil der Meister gesagt hat, daß er reingekommen ist, und dann beschreibt er ihn natürlich auch zuerst, daß er einen Bart hat und finster aussieht und so, naja der setzt sich jetzt also an unseren Tisch und dann können wir, also die Charaktere beziehungsweise die Spieler sagen, was sie machen wollen, also dem Meister. Zum Beispiel sag ich dann "Hey, was willst du hier", also beziehungsweise mein Charakter sagt das, also weil ich es gesagt habe sagt es mein Charakter, verstanden? Obwohl das ist auch nicht immer so, denn wenn ich sag' zum Beispiel "Ich stehe auf", dann sagt das mein Charakter nicht, das wär' ja auch idiotisch. Also ich sag halt auch meine Handlungen, damit der Meister weiß was ich, also ich meine mein Charakter macht. Naja, dann reden wir also zum Beispiel mit dem Kerl, der da gerade reingekommen ist, und der redet auch mit uns, also der Meister redet für den Kerl, verstehst du, genauso wie wir für unsere Charaktere reden, weil sich der Meister eben um die Umwelt kümmern muß, und naja, es stellt sich halt dann zum Beispiel raus, daß der Kerl uns Geld gibt, wenn wir, was weiß ich, wenn wir zum Beispiel seine Freundin befreien oder so, verstehst du, ist quasi genauso wie in einem Buch. Achja, da fällt mir ein der Spielleiter hat da meistens so ein Heft, wo ein Abenteuer drinsteht, wo dann die Handlung beschrieben ist und die Personen und so. Naja, aber wo war ich? Achso, also wir sollen halt die Freundin befreien, naja und das machen wir dann auch, also natürlich sind dann da noch Monster und so, die wir killen müssen, aber das schaffen wir schon, und dann haben wir gewonnen. Ja, und das ist Rollenspiel.

Laie (schläfrig): Aha! (und ward nimmer gesehen)

Versuch 2:

Laie: Hey, Anonymer Rollenspieler, kannst du mir mal erklären wie dieses komische "Rollenspielen" funktioniert?

Anonymer Rollenspieler: Klar, also das geht so: Du hast da 'nen Charakter mit Eigenschaften und Fertigkeiten oder Attributen oder wie's halt heißt und die stehen auf einem Charakterblatt. Die machen also quasi deinen Charakter aus. Und jedesmal, wenn du was machen willst, mußt du würfeln, ob du es auch schaffst. Also da gibt es je nach System verschiedene Würfel, zum Beispiel zwanzigseitige oder ganz normale sechseitige. Naja und je nach System mußt du dann zum Beispiel unter oder gleich oder über deine Eigenschaft würfeln, damit du das schaffst, was du machen willst. Bei manchen Systemen gibt es auch eine Art Mindestwurf, den der Spielleiter festsetzt. Naja, und dann hast du da noch so andere Sachen wie Lebensenenergie, Schadensmonitor oder wie's halt heißt, der zeigt an, wann du stirbst. Ja, also so geht das.

Laie (perplex): Aha! (und sprang von der Brücke)


© 1997 / 2001 by Daniel "Worm" Benkmann

 

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