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Powergamer
(von Daniel Benkmann, worm@daniworm.de)
Heute will ich mich mal zur Abwechslung nicht mit irgendeinem Scheiss befassen,
den meine Spielergruppe wieder verzapft hat, sondern ein Problem behandeln,
dass wohl schon in jeder Rollenspielgruppe mal mehr oder weniger stark
aufgetreten ist: Es geht um sogenannte Powergamer (oft auch "Munchkins" genannt). Dies sind nicht etwa
besonders muskulöse Spieler, sondern das sind die allseits beliebten
Strassensammies, die mit -12,75 Essenz herumlaufen und die in jeder ihrer
4 Hände zwei Panther Sturmkanonen halten, während sie ihren GMC
Banshee fernlenken und dabei lässig die Renraku Arcologie in die Luft
jagen ohne auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen, oder die Phexgeweihten,
die mit zwei magischen Zweihändern gleichzeitig gegen 12 Erzdämonen
kämpfen und dabei natürlich wegen ihrem TaW Schleichen 18
absolut kein Geräusch von sich geben (natürlich befindet sich
der Phexgeweihte erst in der 5.Stufe).
Also kurz gesagt, Powergamer sind
die Spieler, die ihre Charaktere ohne Rücksicht auf jegliche rollenspielerische
Aspekte aufpowern, deren Werte sich grundsätzlich im dreistelligen
Bereich befinden und deren Lieblingswort "Kabumm" ist.
Es gibt in jedem Rollenspielsystem irgendwelche Lücken oder Ungenauigkeiten,
die sich ein Spieler zu Nutze machen kann. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten
wie ein Powergamer entstehen kann:
- Er kennt die Regeln so gut, dass er jede Lücke ausnutzen kann
- Er hat keine Ahnung von den Regeln, weswegen er seinen Charakter aufpowern
kann wie er will, weil der Spielleiter es nicht merkt oder auch keine Ahnung
von den Regeln hat
- Er kennt die Regeln aber scheisst auf sie und der Spielleiter merkt es
nicht
- Durch die Spielweise des Spielleiters müssen die Spieler zwangsläufig
zu Powergamern werden
- Der Spieler befolgt die Regeln, hält sich aber nicht an rollenspielerische
Aspekte (z.B. Decker mit Feuerwaffen 9, Tsageweihte mit Schwerter
10)
- Das Spielsystem begünstigt gnadenlos Powergamer, wenn der Spielleiter
nicht sehr vorsichtig ist (z.B. Shadowrun mit so netten Regelbüchern
wie Shadowtech oder Cybertech. Wenn der Spielleiter nicht
aufpasst und das Equipment schwer verfügbar macht, laufen die Spieler
bald als Cyberzombies rum)
- Was weiss ich was noch
Es muss wohl nicht weiter gesagt werden, dass so ein Powergamer
das Potential dazu hat, jedes gescheite Rollenspiel zu sabotieren (auch
wenn von manchen Gruppen berichtet wird, für die es nichts schöneres
gibt, als ohne zu denken einfach mit ihren Supercharakteren herumzumetzeln
- mit Rollenspiel hat das freilich wenig zu tun). Es ist mal wieder am
Spielleiter, etwas dagegen zu unternehmen, und durch das regelmäßige
Lesen von Shadowrun-Newsgroups, haben sich einige verschiedene Methoden
herauskristallisiert, den Powergamern Einhalt zu gebieten, auch wenn die
folgenden Methoden nicht komplett sind.
Vorbeugen
Diese Methode erfordert bereits einige Erfahrung des Meisters, damit er
einschätzen kann, was zum Powergaming führen könnte. Gleich
am Anfang könnte er gewisse Regel- oder Ausrüstungsbücher
verbieten oder erst später einführen, so dass sich die Spieler
z.B. nicht gleich am Anfang sämtliche Dinge aus dem Shadowtech
kaufen können oder nur Ausrüstung bis zu einer bestimmten Verfügbarkeit
gekauft werden darf. Außerdem kann der Spielleiter gleich zu Beginn
einige unklare Regeln klären, die von den Spielern ausgenutzt oder
missverstanden werden könnten, oder er kann gleich eigene Hausregeln
für gewisse Sachen festlegen. Wenn ganz arger Verdacht besteht, dass
ein Spieler mal ein Powergamer wird, dann kann man mit ihm auch ein vorbeugendes
Gespräch über dieses Thema führen.
Reden
Der Meister sollte versuchen, dem Spieler klar zu machen, warum Powergaming
scheisse ist und warum echtes Rollenspiel viel mehr bringt. Etwaiges Drohen
mit Rausschmiss oder sonstigen Gegenmaßnahmen kann auch durchaus
vorteilhaft sein, um den irregeleiteten Spieler wieder auf den rechten
Weg zu führen.
Rache
Als Spielleiter hat man so viele Möglichkeiten dem Spieler das Leben
zur Hölle zu machen. Man muss einfach kreativ sein. Dass
fortan alle Monster nur noch den Powergamer angreifen, versteht sich von
selbst und dass diese Monster dreimal so stark wie üblich sind,
ist auch klar. Natürlich bekommt der Spieler kaum noch Abenteuer-
bzw. Karmapunkte (im Shadowrun-Sinn) und kein NPC mag ihn mehr. Der Powergamer
läuft in Fallen, durch die seine Kameraden einfach hindurchgegangen
sind und seine Waffen zerbrechen bei jeder Gelegenheit. Das sollte dem
Spieler ziemlich schnell klar machen, dass er seine Spielweise ändern
muss. Der Meister sollte nur aufpassen, dass er den Spieler nicht
gleich umbringt, aber meist ist es schon damit getan ihm sämtliches
Geld und seine Ausrüstung wegzunehmen (natürlich möglichst
kreativ), damit der Spieler gar nicht mehr powergamen kann. Regt sich der
Spieler darüber auf, so muss ihm der Meister eben klar machen,
dass er Gott ist und bestimmt was passiert, und wenn er sich nicht
damit abfinden kann, so soll er sich einen anderen Meister suchen.
Wenn alles nicht hilft, dann sollte man so ein Subjekt möglichst
schnell aus seiner Gruppe "entfernen".
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