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Metropolis

Cover der amerikanischen Metropolis DVD

jap. Originaltitel:

Metropolis

Erscheinungsjahr:

2001

Genre:

Science Fiction

Drehbuch:

Katsuhiro Otomo nach dem Manga von Osamu Tezuka

Regie:

Rintarô

Character Design:

Yasuhiro Nakura nach Vorlagen von Osamu Tezuka

Laufzeit:

107 Minuten

Review-Version:

US-Kinoversion; Japanisch mit englischen Untertiteln



Die Handlung

Shunsaku und Kenichi
Rock
Tima
Pero, Shunaku und Kenichi
Kenichi und Tima
Tima
Rock
Kenichi und Tima

In der retro-futuristischen Stadt Metropolis sind Roboter zur neuen Arbeiterklasse avanciert. Die Menschen, deren Arbeitsplätze aufgrund der günstigen Roboterarbeiter wegrationalisiert wurden, müssen in den unterirdischen Zonen der Stadt leben. Während sie dort in einem düsteren, labyrinthartigen Zwielicht hausen, erstreckt sich über ihnen an der Oberfläche ein ständig wachsender Wald aus glänzenden Türmen und ultramodernen Hochhäusern.

Doch dem machthungrigen Duke Red, der sowohl Regierung als auch Militär in seiner Tasche hat, ist Metropolis nicht groß genug. Um sein Streben nach Weltherrschaft zu verwirklichen, lässt er einen gewaltigen allesüberragenden Turm namens Ziggurat errichten, in dessen Innerem sich eine Waffe verbirgt, mit der er die ganze Welt ins Chaos stürzen kann. Auf den Thron, von dem aus die Maschinen des Ziggurat kontrolliert werden können, will er einen Roboter setzen, den der undurchsichtige Dr. Laughton nach dem Vorbild von Duke Reds verstorbener Tochter Tima modellieren soll. Dies ruft jedoch Rock, den Anführer der faschistischen Marduk-Partei und Adoptivsohn von Duke Red, auf den Plan. Er kann nicht akzeptieren, dass sein Vater einem unwürdigen Roboter die Kontrolle über die ganze Welt übertragen will und macht sich deswegen auf um das Labor von Dr. Laughton zu vernichten.

Zur gleichen Zeit kommen der japanische Polizist Shunsaku Ban und sein Neffe Kenichi in Metropolis an. Sie ermitteln gegen Dr. Laughton wegen illegaler Experimente mit menschlichen Organen und haben seine Spur bis nach Metropolis zurückverfolgt. Mit Hilfe des Roboters Pero, der ihnen von der Metropolis-Polizei zur Seite gestellt wird, erreichen sie Dr. Laughtons Labor gerade noch rechtzeitig, um Tima aus den von Rock gelegten Flammen zu retten. Im Zuge dieser Rettungsaktion fallen Kenichi und Tima, denen beiden zunächst gar nicht bewusst ist, dass Tima ein Roboter ist, in einen Abwasserkanal, der sie in die untersten Zonen von Metropolis befördert.

Während Duke Red, Rock und Shunsaku fieberhaft nach Kenichi und Tima suchen, kämpfen sich die beiden langsam bis zur Oberfläche vor und kommen sich dabei immer näher. Auf ihrem Weg machen sie auch die Bekanntschaft mit einer Widerstandsbewegung, die aus Protest gegen die Ersetzung von menschlichen Arbeitsplätzen durch Roboter einen Regierungsumsturz plant. Die Lage in Metropolis spitzt sich also zu und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bevor die Konflikte in einem gewaltigen Finale kulminieren.

Meine Meinung

Metropolis basiert auf dem 1949 erschienenen Manga von Manga-/Anime-Übervater Osamu Tezuka (bei uns wahrscheinlich am bekanntesten für Astro Boy (Tetsuwan Atom) und Kimba, der Weiße Löwe (Jungle Taitei)) und ist trotz des Namens kein Remake des bekannten Stummfilmklassikers. Tezuka hat sich allerdings vom Original-Metropolis inspirieren lassen und wer Fritz Langs Film von 1927 gesehen hat (was ich jedem nur empfehlen kann) wird viele, hauptsächlich thematische, Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Filmen entdecken können. Vor allem verbindet die Filme aber eines: Beide legen sie mehr Wert auf visuelle Bildgewalt als auf ihre Story oder Charaktere.

Regisseur Rintarô, der zuletzt beim X-Movie bewiesen hat, dass er der richtige Mann für "Style over Substance"-Produktionen ist, liefert uns in Metropolis einige der atemberaubensten Bilder, die ich in den Zeichentrickfilmen der letzten Jahre gesehen habe. Dank massivem Einsatz von Computereffekten, die bis auf einige ärgerliche Ausnahmen relativ gut zu den gezeichneten Bildern passen, wird die Vision der kolossalen Stadt Metropolis auf beeindruckende Weise Wirklichkeit. Doch so lebendig die Stadt selbst auch wirken mag, die darin agierenden Personen erscheinen dem Zuschauer umso lebloser (wobei ironischerweise die Roboter in diesem Film vereinzelt mehr Persönlichkeit haben als die menschlichen Protagonisten).

Den ganzen Film über kam ich mir so vor als würde ich das Geschehen durch ein Fernglas betrachten. Man sieht die (zweifellos schöne) Oberfläche des Ganzen, aber was in den Charakteren vorgeht kann man nicht ergründen. Nie hat man das Gefühl wirklich mitten drin im Geschehen zu sein oder fühlt richtig mit den Charakteren mit. Insbesondere Kenichi ist völlig profillos. Er ist einfach ein netter Junge, über den man ansonsten rein gar nichts erfährt. Auch die meisten der übrigen Charaktere sind nicht viel mehr als Abziehbilder. So hat zum Beispiel Duke Red im Prinzip keinerlei bessere Motivation die Welt zu erobern als seine pure Machtgier. Hallo, Bösewicht Nr. 08/15! James Bond, übernehmen sie!

Die Story ist ebenfalls nicht sonderlich innovativ. Der Konflikt zwischen Mensch und Maschine und die Angst davor, dass die Technologie eines Tages so komplex wird, dass der Mensch sie nicht mehr kontrollieren kann oder sie gar ein eigenes Bewusstsein entwickelt, wurde schon oft und weitaus besser in anderen Animes thematisiert. Und der interessante Kontrast zwischen der arbeitslosen Unterklasse, die unter der Erde leben muss, und der reichen Oberklasse, die dank der Roboter im bequemen Luxus an der schillernden Oberfläche lebt, wird im Film leider auch nicht sonderlich deutlich gemacht. Überdies hat der Plot von Metropolis diverse Löcher und nur allzu oft wird der Zufall als Plotdevice herangezogen. Ich meine, wie wahrscheinlich ist es wohl, dass sich die Hauptcharaktere in dieser immens großen Stadt ständig einfach so über den Weg laufen? Das Finale hat mich schließlich ein wenig zu sehr an Katsuhiro Otomos Akira erinnert (wahrscheinlich kein Zufall, da Otomo auch das Drehbuch zu Metropolis schrieb) und ließ mich ähnlich unbefriedigt zurück.

Nichtsdestotrotz hat der Retro-Stil von Metropolis durchaus seinen Reiz und im Hinblick darauf kann man dem Film seine platten Charaktere und Story ein wenig verzeihen. Das Design der Stadt ist einfach fantastisch und zusammen mit dem Soundtrack, der bombastisch orchestrale Klänge mit jazzigen Big Band Rhythmen (Rintarô selber steuert mit der Bassklarinette dazu bei) kombiniert, und Kleinigkeiten wie den kreisförmigen Szenenüberblendungen, bekommt man teilweise wirklich den Eindruck man hat es hier mit einem Film zu tun, der auch 1950 hätte gedreht werden können. Osamu Tezukas Character Designs sind für das heutige Publikum vielleicht ein wenig gewöhnungsbedürftig, fügen sich aber ganz gut in das Geschehen ein. Zudem sind die Animationen exzellent, auch wenn die Bewegungen der Charaktere in meinen Augen stellenweise ein wenig unbeholfen wirkten. Aber vielleicht ist das ja auch Teil des Retro-Looks.

Fazit: Niemand, der sich Animationsfilme nicht nur wegen der Story ansieht, sollte sich Metropolis entgehen lassen. Die spektakulären Bilder entschädigen mehr als genug für die uninteressanten Charaktere und die bemühte Story. Wem es allerdings nicht langt, dass nur sein Sehnerv aber nicht sein Gehirn befriedigt wird, oder wer mit dem Retro-Look und Tezukas Character Designs nichts anfangen kann, der sollte sich vielleicht zweimal überlegen, ob Metropolis seine Zeit Wert ist.


Yellow Ball

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