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Neon Genesis Evangelion

Cover der DVD-Box

jap. Originaltitel:

Shin Seiki Evangelion

Produktionszeit:

1995

Genre:

Science Fiction

Drehbuch:

Hideaki Anno, Akio Satsugawa, Yooji Enokido

Regie:

Hideaki Anno

Character Design:

Yoshiyuki Sadamoto

Laufzeit:

26 Folgen à ca. 25 Minuten

Review-Version:

DVD-Box von OVA-Films



Die Handlung

Shinji Ikari im Cockpit von EVA-01 Wir schreiben das Jahr 2015. 15 Jahre sind seit dem sogenannten "Second Impact" vergangen, der die Auslöschung der Hälfte der Erdbevölkerung zur Folge hatte. Es heißt, dass damals ein gewaltiger Meteorit in die Antarktis einschlug und die Rotationsachse der Erde so verschob, dass Teile der Polkappen abschmolzen. Dies bewirkte eine Steigerung des Meeresspiegels um satte 60 Meter, die dichtbesiedelten Küstenregionen der Erde wurden überflutet, Chaos und Bürgerkriege brachen aus. Auch Tokyo wurde vollständig vernichtet.

Doch war wirklich ein Meteorit Schuld an dieser Katastrophe? Oder wurde sie etwa absichtlich von außerirdischen Wesen, "Engel" genannt, ausgelöst, deren Ankunft bereits in alten Schriftrollen prophezeit wurde? Was sind die Absichten dieser Wesen, die nun, 15 Jahre nach der Katastrophe, wieder auftauchen und die neu erbaute Stadt Neo Tokyo-3 angreifen?

All diese Fragen könnten den jungen Shinji Ikari gar nicht weniger interessieren. Er will einfach nur seine Ruhe haben und sein Leben weiterführen ohne groß über die Welt nachdenken zu müssen. Seit seine Mutter gestorben ist und ihn sein Vater verlassen hat, ist er innerlich abgestumpft und wird von starken Selbstzweifeln geplagt. Als ihn dann eines Tages sein Vater, Gendo Ikari, nach Neo Tokyo-3 beordert, folgt Shinji dem Ruf ohne zu wissen, was ihn erwarten wird.

Der Kopf von EVA-01 Wie sich schnell herausstellt ist Gendo Ikari nicht an einer freudigen Familienwiedervereinigung interessiert, sondern hat für Shinji eine ganz bestimmte Aufgabe vorgesehen: Er soll Pilot des gewaltigen Kampfroboters EVA-01 werden, den die Geheimorganisation NERV gebaut hat, um den Angriffen der Engel entgegentreten zu können. Diese rätselhaften Kampfroboter namens "Evangelion" können nämlich nur von ganz bestimmten Kindern gesteuert werden, die 9 Monate nach dem "Second Impact" geboren wurden - Kindern wie Shinji.

Widerwillig setzt sich Shinji ins Cockpit von EVA-01 und nimmt den Kampf mit den Engeln auf. Doch das ist erst der Anfang einer Geschichte, die immer rätselhafter wird. Denn was bezweckt Gendo Ikari tatsächlich? Was hat es mit dem mysteriösen "Projekt zur Optimierung der Menschheit" auf sich? Und ist "Evangelion" wirklich nichts weiter als eine Maschine?

Meine Meinung

Neon Genesis Evangelion ist eine der erfolgreichsten und sicherlich die am meisten diskutierte Anime-Serie der letzten Jahre. Viele Anime-Fans halten sie für einen Geniestreich, andere finden keinen rechten Zugang zu der stellenweise arg psychologisch und philosophisch angehauchten Story. Eins ist aber gewiss: NGE ist weit mehr als nur eine weitere Mecha-Serie und hat nachweislich eine große Anzahl späterer Anime-Produktionen beeinflusst.

EVA-01 Es gibt in meinen Augen viele Dinge die NGE auszeichnen, zu viele um sie hier alle in der angemessenen Ausführlichkeit zu würdigen. Was mich aber am meisten beeindruckt hat, ist die außergewöhnliche Charaktertiefe der Protagonisten. Im Gegensatz zu anderen Serien, wo einem meist archetypische Helden präsentiert werden, denen man vielleicht ein paar Eigenheiten zur Abrundung des Charakters verpasst hat, haben wir es bei NGE durchweg mit komplexen Persönlichkeiten zu tun.

Die Serie nimmt sich die Zeit, die Psyche ihrer Charaktere zu erforschen und je weiter die Serie fortschreitet, desto klarer wird, dass wir es fast durchgehend mit innerlich gebrochenen Menschen zu tun haben, die nur äußerlich versuchen ihre Unsicherheiten, Zweifel, Ängste und Selbstvorwürfe zu überspielen. NGE ist ein psychologisches Drama par excellence, das ungewöhnlicherweise im Gewand einer Mecha-Actionserie daherkommt. Erstaunlicherweise funktioniert diese Kombination verdammt gut und auch der Actionteil der Serie muss sich vor keiner anderen Mecha-Serie verstecken - eher das Gegenteil dürfte der Fall sein.

Aber nicht nur die innere Handlung sucht ihresgleichen, sondern auch die äußere Handlung weiß zu gefallen. Zwar mag die teils krude Mischung aus religiöser Symbolik, High-Tech und einem ordentlichen Schuss Mystery nicht jedem gefallen, aber die Serie versteht es gekonnt den Zuschauer mit immer neuen überraschenden Offenbarungen bei der Stange zu halten. Alle Nase lang werden einem die Teile eines faszinierenden Puzzles vor die Füße geworfen, wobei man von der Serie nicht sonderlich viel Hilfestellung beim Zusammensetzen der Teile erwarten darf. Aber das macht auch gerade den Reiz dieses Puzzles aus.

Rei Ayanami NGE ist definitiv eine dieser Serien, die man sich öfter ansehen muss, um alle ihre Facetten erkennen zu können. Doch selbst nach wiederholtem Ansehen der TV-Serie wird man dem Rätsel nie völlig auf den Grund gehen können. Dafür muss man mindestens noch den Manga lesen, sich die Kinofilme ansehen und sich vielleicht sogar die Quellen, von denen NGE stark inspiriert wurde, wie etwa die Kabbalah, zu Gemüte führen. Aber auch dann bleiben noch viele Fragen ungeklärt und es macht großen Spaß immer wieder weitere Theorien zu ersinnen und mit anderen über die Inhalte zu diskutieren. Dutzende von Websites beschäftigen sich ausschließlich mit der Interpretation von Neon Genesis Evangelion.

Insbesondere die letzten beiden Folgen der Serie haben viele Kontroversen unter den Fans ausgelöst. Eine Vielzahl von Leuten war enttäuscht vom Ende, das scheinbar die äußere Handlung völlig zu Gunsten der inneren Handlung über Bord wirft und sich auch stilistisch ziemlich vom Rest der Serie unterscheidet. Ich persönlich empfand die letzten zwei Folgen als die genialste Stunde Fernsehen, die ich bisher genießen durfte, kann aber auch gut die Position derjenigen nachvollziehen, denen sie nicht gefallen haben. Da wird einem in der Tat starker philosophischer Tobak präsentiert, der nicht leicht zu schlucken ist.

Es gibt auch viele Diskussionen darüber, ob das Ende der Serie so von Hideaki Anno (dem Mastermind hinter NGE) überhaupt geplant oder nur eine Folge des schwindenden Budgets war. Zumal Anno später noch eine alternative Version der letzten zwei Folgen in Form des Kinofilms "End of Evangelion" nachgeliefert hat, der sich wieder mehr der äußeren Handlung widmet, allerdings nichtsdestotrotz noch ziemlich verstörend ist. Welches Ende man nun vorzieht, bleibt dem Zuschauer überlassen.

Fazit: Egal ob man Neon Genesis Evangelion nun mag oder nicht, man muss es auf jeden Fall gesehen haben um mitreden zu können. NGE ist bereits jetzt ein absoluter Anime-Klassiker, der ins Regal jedes halbwegs ernsthaften Anime-Fans gehört. Auf meiner persönlichen All-Time-Favourite Liste steht NGE zumindest ganz weit oben.


Yellow Ball

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